Lehrplan

12.1 Internationale Beziehungen

Std.: GK 36, LK 63

Begründung

Die Bundesrepublik Deutschland sieht sich nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes in der Außenpolitik der neuen Aufgabe gegenüber, die alten Westbindungen zu erhalten und die engen wirtschaftlichen Beziehungen außenpolitisch abzusichern sowie gleichzeitig die Öffnung zu den demokratisierten bzw. teilweise politisch instabilen Ländern Osteuropas voranzutreiben. Bei der Übernahme von Aufträgen der Bundeswehr im Rahmen internationaler Friedenssicherung müssen die Konsequenzen für die außenpolitische Rolle Deutschlands und für die Funktion der Bundeswehr reflektiert werden.

Nach 1989 versagen die bekannten Interpretationsmuster und Handlungskonzeptionen der bipolaren Weltordnung. Daher sollen die Schülerinnen und Schüler ausgehend von aktuell-relevanten Konfliktpotentialen und Ansätzen zur Friedenssicherung die multipolaren Strukturen internationaler Zusammenarbeit erarbeiten bzw. klären, warum die Bedingungen für die politische Steuerungsfähigkeit internationaler Beziehungen trotz koordinierender Aktivitäten der UN noch gering entwickelt sind.

Manifeste militärische Auseinandersetzungen sollen auf die jeweiligen innerstaatlichen, regionalen und/oder auch globalen Ursachen und Gefahrenpotentiale hin analysiert und die Rolle der NATO, der Vereinten Nationen oder der OSZE in dem Konflikt und die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten thematisiert werden.

Wirtschaftliche und politische Überlegenheit verschärfen die Wahrnehmung von kulturellen Differenzen, wenn unterschiedliche Kulturen nicht als gleichberechtigt empfunden werden. Nationalistische und fundamentalistische Bewegungen beziehen daraus ihre Wirksamkeit. Ursachen, Wirkungen und die Gefahr dieser Tendenzen für den Weltfrieden werden in diesem Themenbereich untersucht.

Angesichts der gegenwärtig dominierenden drei hoch industrialisierte Weltzentren – USA mit der nordamerikanischen Freihandelszone, die EU in Verbindung mit assoziierten Gebieten und beitrittswilligen Staaten sowie Südostasien mit Japan als Wirtschaftszentrum – sollen differierende Entwicklungsbedingungen wenig entwickelter Länder und Regionen untersucht und daraus erwachsende Konfliktpotentiale sowie Lösungsvorschläge erarbeitet und eingeschätzt werden.

Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben

  • Die deutsche Außenpolitik nach der Wiedervereinigung: Neue Aufgaben, Erwartungen, Probleme
  • Die sicherheitspolitische Lage Deutschlands
  • Bundeswehreinsätze in Konfliktregionen
  • Gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik
  • Beziehungen zu Osteuropa
  • Aktuelle internationale Konfliktregionen und die Möglichkeiten kollektiver Friedenssicherung – Interessen, Entstehungsgründe, Konfliktpunkte (Sicherung von Menschenrechten, Terrorismus, Friedenssicherung durch Vereinbarungen und Verträge, Einflusssphären)
  • Entscheidungsprozesse in internationalen Organisationen (UNO, NATO oder OSZE)
  • USA und EU
  • Friedensbegriff und Konzeptionen der Friedenssicherung

Leistungskurs

  • Theorie der internationalen Beziehungen
  • Nationalismus und Fundamentalismus: Ursachen, Gefahren für den Frieden und die Menschenrechte Ursachen, Problemfelder, Strategien
  • Kulturelle Differenzen und politische Intoleranz, politischer und religiöser Fundamentalismus und Menschenrechte
  • Entwicklungs- und Schwellenländer und ihre wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu den hochindustrialisierten Weltzentren Ursachen und Folgen der ungleichzeitigen Entwicklung
  • Rolle internationaler Institutionen (z.B. Weltbank, Welthandelskonferenz, G7-Treffen, NGO)
  • Konzeptionen und Vereinbarungen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklung
  • Internationales Recht (LK) Internationale Gerichts- und Schiedsgerichtsbarkeit
  • Souveränität und Völkerrecht
  • Selbstbestimmungsrecht der Völker

Fakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben

  • Industrieländer & Entwicklungsländer
  • Faktoren von Unterentwicklung (endogene und exogene Entwicklungsfaktoren)
  • Entwicklungspotentiale, Entwicklungsstrategien
  • Entwicklung & Entwicklungspolitik
  • Entwicklungsländer in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen
  • Struktur internationaler Arbeitsteilung

Arbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen

  • Analyse und Interpretation internationaler Zusammenhänge
  • Kritische Reflexion und Bewertung politischer Positionen und Transformationsprozesse
  • Adressaten- und fachbezogene Präsentation der Sachverhalten und Ergebnisse
  • Konfliktanalyse, Medienanalyse, Konfliktsimulation

Querverweise

  • Weltentwürfe: D, E, F, Spa, Rus, Ita, L, GrA (Thema 3), Ku, Mu, G, Ek, Rka, Eth, Phil, Phy, Rev
  • Entwicklungsländer: E, F, Spa, Ek
  • Krieg und Frieden: G, E, Eth, Phil, D, E, F (GK), Rus, L, Mu, Spa, Ch
  • Nationalismus, Vertreibung, Exil: G, Rus, L

Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):

  • Informations- und kommunikationstechnische Grundbildung und Medienerziehung
  • Friedenserziehung
  • Rechtserziehung
  • Kulturelle Praxis

[Quelle: Hessisches Kultusministerium: Lehrplan Politik & Wirtschaft. Gymnasialer Bildungsgang. Jahrgangsstufen 7 bis 13. S. 36 f.] 

12.2 Globalisierung, Chancen, Probleme & Entwicklungsperspektiven

Stunden.: GK 24, LK 43

Begründung

Dieses Halbjahrsthema ist dem direkten Erfahrungsbereich der Schülerinnen und Schüler eher entzogen; sie erfahren Funktionsweisen und Folgen der internationalen Wirtschaftsbeziehungen und der Prozesse der wirtschaftlichen Verflechtung und Globalisierung durch die Diskussion in den Medien. Die Tatsache, dass sie selbst Teil internationaler Wirtschaftsbeziehungen sind, ist ihnen häufig nicht bewusst, kann aber Ansatzpunkt für den Unterricht sein, der dann in eine systematische Erarbeitung von Zusammenhängen münden muss.

Das Thema Globalisierung nimmt Inhalte der Jahrgangsstufe 10 auf und enthält wirtschaftliche, kulturelle, politische und ökologische Aspekte. Der Prozess bietet Chancen und Gefahren, die diskutiert werden im Spannungsverhältnis von Toleranz, Freiheit und Wohlstand einerseits sowie nationaler, kultureller Identität, Gerechtigkeit und politischer Eigenständigkeit von Nationalstaaten andererseits.

Dem wachsenden Wohlstand durch Handel, der internationalen Zusammenarbeit von demokratischen Regierungen, NGO?s und der Entwicklung internationaler Gerichtsbarkeit in der Auseinandersetzung mit diktatorischen Regimen stehen regionale Standortprobleme, Rückwirkungen auf nationale, politische Entscheidungsprozesse und ungleiche Verteilung von Lebenschancen gegenüber.

Die internationalen Wirtschaftsbeziehungen werden bestimmt durch zunehmend flexible Kapital- und Warenströme, die wachsende Eigendynamik der Finanzmärkte gegenüber dem Warenhandel und die rapide Entwicklung der Daten- und Kommunikationstechnologien.

Der Unterricht soll die Schülerinnen und Schüler über Hintergründe, Fakten und Daten des Globalisierungsprozesses informieren, unterschiedliche Einschätzungen dieser Entwicklung überprüfen und die Voraussetzungen für eine kompetente Teilnahme an der Diskussion über dieses Thema schaffen. Eine partialanalytische Betrachtungsweise, die nur die negativen Konsequenzen des Strukturwandels sieht, die positiven Effekte wie Produktivitäts- und Reallohnsteigerungen, ressourcenschonender technischer Fortschritt und Erhöhung des Konsumniveaus aber nicht berücksichtigt, wird dieser Aufgabe nicht gerecht.

Wichtiger Aspekt der kritischen Einschätzung der oben beschriebenen Entwicklung ist das Verhältnis von Globalisierung und Sozialstaat, das im zweiten thematischen Kernbereich behandelt wird. Während in den Industrieländern die Reichweite sozialer Sicherungssysteme neu diskutiert wird, charakterisieren Entbehrungen, Menschenrechtsverletzungen und sozialer Ausschluss die reale Lebenssituation großer Teile der Bevölkerungsmehrheit in den Entwicklungsländern. Die zwischenstaatliche Migration stellt aufnehmende und abgebende Gesellschaften vor neue Aufgaben.

Trotz positiver Trends in der Weltumweltpolitik bleiben Widersprüche in der ökologischen Ordnungspolitik ungelöst, da die derzeit geltenden internationalen Verhaltensstandards meist unter dem liegen, was Experten zur Abwendung der Umweltkrise für notwendig halten. Die Pluralisierung der Welt-Umweltpolitk durch Wirtschaftskonzerne, Umweltverbände und Wissenschaft hat positive Aspekte, beinhaltet aber auch die Gefahr, dass eine Einigung über globale Strategien erschwert wird.

Diskutiert werden im Zusammenhang die Globalisierung die Möglichkeiten und Grenzen nationalstaatlicher Politik und demokratischer Entscheidungsprozesse sowie die Reichweite globaler ordnungspolitischer Instrumente und Regelungen. Dabei unterscheiden sich die Standpunkte je nach politischen Gruppeninteressen oder nationalen Interessen von Staaten.

Der Unterricht soll diese Aspekte berücksichtigen, d.h. die unterschiedlichen Perspektiven aufnehmen, deren Folgen antizipieren und den Schülerinnen und Schülern so eine eigene Urteilsbildung ermöglichen.

Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben

  • Weltwirtschaft und Globalisierung
  • Weltmarkt und Welthandel zwischen Liberalisierung der Märkte und globaler Ordnungspolitik
  • transnationale Konzerne, Standortfaktoren und Veränderungen der internationalen Arbeitsteilung, internationale Finanzströme und Verschuldung
  • Soziale Sicherungssysteme, Migration und deren Ursachen
  • Soziale Sicherung und Sozialpolitik in Industrie- und Entwicklungsländern
  • Diskussion einer Weltsozialordnung
  • Emigration, Migration, Integration
  • globale Strategien zur Armutsbekämpfung
  • Weltumweltpolitik (LK verbindlich, GK fakultativ) & Akteure der Umweltpolitik
  • Nationale Interessen und globale Umweltvereinbarungen Nord-Süd-Ausgleich
  • Umweltschäden/Umweltkonflikte: Prävention, Nachhaltigkeit und Krisenmanagement

Fakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben

  • Politik im Zeitalter der Globalisierung (LK verbindlich, GK fakultativ)
  • Verhältnis von Politik und Ökonomie: Chancen und Grenzen politische Beteiligung und Entscheidung, staatliche Ziele und Unternehmensziele
  • Kultur und Wissen
  • Nationale Identitäten, interkultureller Dialog und globale Wertesysteme
  • Frauen- und Geschlechterpolitik Medien und Wissensgesellschaft zwischen freier Nutzung, politischer Steuerung und globaler Kommerzialisierung

Arbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler

  • Analyse und Interpretation globaler Zusammenhänge
  • Kritische Reflexion und Bewertung von politischen Positionen und Transformationsprozessen
  • Adressaten- und fachbezogene Präsentation der Sachverhalte und Ergebnisse (z.B. Szenarien und Zukunftswerkstatt, Moderationsmethode und Debatten, kreatives Schreiben)
  • Besonderes Gewicht ist auf die eigenständige Planung und Durchführung der verschiedenen Formen der Teamarbeit zu legen.
  • Darstellung und Argumentation im Gespräch

Querverweise

  • Welt- und Menschenbilder: G, Ek, Rka, Rev, Eth, Phil, Bio, Phy, Inf, E
  • Globalisierung: G, Ek, Rka, Rev, E, Spa, Rus, Phy, Ch, Eth
  • Nationale Identität und regionales Bewusstsein: E, F, Ita, L, Ek, Phil, G, Rev, Spa, Rus
  • Pazifischer Raum: Ek, E
  • Migration: G
  • Sozialstaat: E, F, Spa, G, Ek, Rka, Rev
  • Mensch und Kosmos: Phy, Rka, Eth, L
  • 19. und 20 Jahrhundert: G, Rev, Phy

Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):

  • Informations- und kommunikationstechnische Grundbildung und Medienerziehung
  • Friedenserziehung
  • Rechtserziehung
  • Kulturelle Praxis

[Quelle: Hessisches Kultusministerium: Lehrplan Politik & Wirtschaft. Gymnasialer Bildungsgang. Jahrgangsstufen 7 bis 13. S. 38 f.]