Im Jahr des achtzigjährigen Bestehens der Puschkin-Schule in Jaroslawl erhielten die Russen Besuch einer Schülergruppe der Herderschule Kassel. Die Begegnung fand im Rahmen des nun schon seit 27 Jahren bestehenden Austauschprogramms der beiden Schulen statt, finanziell unterstützt wurde die Fahrt von der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch und dem Landkreis Kassel. Die Gäste wohnten in russischen Familien und kamen mit vielfältigen Eindrücken vom russischen Alltag zurück.

Einige Tage später reiste die für den Schüleraustausch verantwortliche Lehrerin Maren Tautphäus noch einmal nach Jaroslawl, um mit dem kommissarischen Schulleiter der Herderschule, Dr. Johannes Werner, an der großen Festveranstaltung zum 80. Jubiläum der Puschkin-Schule teilzunehmen. In einer großen festlich geschmückten Halle wurden sie vor hunderten von Gästen feierlich empfangen. Das Grußwort von Dr. Werner wurde eingerahmt von einer Dokumentation zur russisch-deutschen Beziehung, die den zweiten Weltkrieg und seine Folgen für die russische Seite mit drastischen Bildern zeigte. Bedenken, wie ein deutscher Redner nach diesen Kriegsbildern wohl aufgenommen werde, wurden schnell zerstreut. Die russischen Gastgeber applaudierten kräftig. Als Symbol für die welt(en)umspannende völkerverbindende Funktion des Schüleraustausches überreichten die russischen Gastgeber der Herderschule einen Weltkugel-Ballon.

Die Puschkin-Schule in Jaroslawl ist eine Deutsch-Schule, das heißt sie lehrt Deutsch intensiv ab der zweiten Klasse. Es sei wichtig, so Dr.Werner, diesen russisch-deutschen Schüleraustausch als Beitrag zur Völkerverständigung zu pflegen.

 

Die Herderschülerinnen Franziska Hellmold und Helene Strehl (Jg. 13) berichten über ihre Eindrücke von der Austauschfahrt nach Jaroslawl:

Russland

Eine andere Sprache, komplizierte Schrift, Wodka, volle und chaotische Straßen, viel Essen, Tee, zahlreiche Kirchen mit bunten Zwiebeltürmchen, Kälte und vor allem Gastfreundlichkeit. Das sind typische Eindrücke, die jeder nach einem Aufenthalt in Russland mit nach Hause nimmt.

So auch die vierzehn Schülerinnen der Herderschule aus Kassel. Zehn Tage waren die 16 bis 18 Jahre alten Herderschülerinnen in Jaroslaw in der Puschkin-Schule, ihrer russischen Partnerschule. Die Reise begann und endete mit einem eindrucksvollen Aufenthalt in Moskau. Nach einer Stadtführung am ersten Tag ging es direkt weiter nach Jaroslawl. Die vierstündige Fahrt war geprägt von Vorfreude, aber auch von Aufregung, denn die Ungewissheit über die Gastfamilien und die fremde Kultur machte zu schaffen. Doch nach dem netten Empfang und dem ersten gemeinsamen Essen, welches in Russland einen großen Stellenwert hat, verflog die Angst schnell.

Erholt von der langen Reise starteten alle am nächsten Morgen das Programm. Es war so geregelt, dass die deutsche Gruppe vormittags Ausflüge unternahm und der Nachmittag dann mit den russischen Austauschpartnern verbracht wurde. Beispielsweise unternahmen sie gemeinsam einen Ausflug zu einem Trampolinpark oder verbrachten ihre Zeit im zentral liegenden Einkaufszentrum.

Das Wohnen und Leben war unterschiedlich. Eins der Mädchen hatte eine eigene Etage für sich allein, während ein anderes sich das Zimmer mit den Gastgeschwistern teilen musste. Bei allen Familien gleich war jedoch die enorme Gastfreundschaft. Ob ständiges Anbieten von Essen oder Medikamenten beim kleinsten Huster, die Schülerinnen wurden ständig umsorgt. Die deftigen Gerichte und die üppigen Lunchpakete sorgten neben einem ständig vollen Magen auch für drei Kilo mehr nach der Reise. Kam man mit seinem russischen Gastgeber nach Hause, wurde man freudig empfangen und der Tee stand schon bereit. Allein gelassen wurde man in Russland nie, denn dort ist der Gast wirklich König.

Dabei lag die einzige Schwierigkeit in der Kommunikation mit den Gastfamilien. Die Austauschpartner sprachen zwar Deutsch, aber ihre Eltern verstanden weder Deutsch noch Englisch. Deswegen musste entweder die Übersetzungsfähigkeit der russischen Schüler in Anspruch genommen werden oder man half sich mit Zeichensprache weiter. Trotz allem waren die Gasteltern sehr interessiert und fragten viel über Deutschland, Kultur und Politik. Der Abschied von den Familien und Austauschpartnern nach einem letzten gemeinsamen Essen rührte einige zu Tränen. Alles in allem war der Aufenthalt in Russland für alle Beteiligten ein schönes und lehrreiches Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst.