Landrat Andreas Siebert im Januar 2022

Grußwort des Landrats zum Holocaustgedenktag 2022 – „Rechter Terror in Kassel: 1933-1945 und 2006-2019“

– Gedenken in Pandemiezeiten –

Die Herderschule reagiert auf die Pandemie, indem sie ihren Holocaustgedenktag grundlegend verändert hat. Vor Corona wurde der 13. Jahrgang immer am 27. Januar zu einer gemeinsamen Veranstaltung im Hermann-Schafft-Haus der vhs versammelt, mit Vorträgen, Zeitzeugengesprächen und Diskussionen.
In diesem Jahr steht das Gedenken unter dem Thema „Rechter Terror in Kassel: 1933-1945 und 2006-2019“. Wiederum in Kooperation mit der vhs, vertreten durch Gunnar Zamzow, wurden 14 Module angeboten, jeweils von einer Geschichtslehrkraft der Herderschule vorbereitet und durch die Schüler/innen angewählt.
Die Module fanden in der ersten Woche nach den Weihnachtsferien statt. Weil ein gemeinsamer Abschluss mit Beteiligung von Stadt und Landkreis pandemiebedingt nicht möglich ist, gibt es ab 27.1. auf der Homepage der Schule eine Auswertung der Module.
Im Zentrum standen Angebote zu Themen der NS-Zeit, z. B. ein Gang entlang des Deportationszugs von der Schillerstraße zum Hauptbahnhof sowie ein Ortstermin zum Massenmord an italienischen Kriegsgefangenen im März 1945 am Bahnhof Wilhelmshöhe. Der Audio-Walk des Stadtmuseums, ein Besuch der Gedenkstätte Breitenau sowie von Stolpersteinen im Vorderen Westen waren ebenso vertreten wie Informationen zur Bücherverbrennung und zur Rolle des Kasselers Roland Freisler, des Präsidenten des „Volksgerichtshofs“ in Berlin. Jüdisches Leben in Kassel wurde besonders durch einen Film über Lilli Jahn, einen Besuch der Synagoge und einen Gang entlang der Spuren Sigmund Aschrotts in den Blick genommen.
Doch auch die jüngere Vergangenheit mit ihren rechtsterroristischen Morden an Halit Yozgat 2006 und Walter Lübcke 2019 wurde erinnert. In einem Gespräch mit Landrat Andreas Siebert informierte sich eine Gruppe über das Thema Kommunalpolitiker:innen im Visier des Rechtsextremismus. Ein Modul zu Rechtsextremismus im Netz und der Besuch der Ausstellung „Netz gegen Hetz“ im Sara-Nussbaum-Zentrum waren gleichfalls auf die Gegenwart bezogen.
In einem Text, der zu Beginn aller Module vorgelesen wurde, kam die Verbindung der Gegenwart mit der NS-Zeit zum Ausdruck. Die Zeitabschnitte 1933-1945 und 2006-2019 wiesen als solche natürlich keine Ähnlichkeiten auf: „Das würde die unfassbare Dimension nationalsozialistischer Staatsverbrechen missachten, das würde das unermessliche Leid der Opfer des Regimes verkennen.“ Dennoch seien sie dadurch aufeinander bezogen, dass sich die Rechtsterroristen von heute ausdrücklich und positiv auf die Nazi-Diktatur bezögen.
So bleibt das Erinnern an den Holocaust für die Gegenwart ein zentrales Anliegen von höchster Aktualität.

Dr. Axel Wunderlich