Darstellendes Spiel
Theater in die Schule!
Theater ist wie Kunst und Musik ein wesentlicher Teil unserer Kultur.
Es gehört zum Kernbereich der ästhetischen Bildung in der Schule.
Seit dem Schuljahr 2008/09 wird an der Herderschule Kassel Darstellendes Spiel kontinuierlich als Grundkursfach in allen Jahrgängen angeboten.
Die Aufnahme in den Fächerkanon und die Einwahlzahlen der Schülerinnen und Schüler zeigen, dass Darstellendes Spiel seitens der Schulgemeinde als eine Bereicherung und Abrundung nicht nur innerhalb der ästhetischen Bildungsfächer des Aufgabenfeldes I angenommen wird.
…vom Selbstverständnis und den Zielen…
Darstellendes Spiel ist als Unterrichtfach eine zeitgemäße Ergänzung des bestehenden Fächerangebots der allgemeinbildenden Schulen in Hessen und Ausdruck und Reaktion auf unsere veränderten gesellschaftlichen Bedingungen. Kreatives Lernen und eine produktive Einstellung zur Realität sind bedeutsame Bildungsziele in einer Lebenswelt, die durch Bildmedien und elektronische Apparate zunehmend als fremdbestimmt und der persönlichen Einflussnahme entzogen erlebt wird.
Hierauf reagiert das Fach Darstellendes Spiel: Spielerisch entfaltete Kreativität, bewusste körperliche Aktivität, sinnliches Erleben, verbindliches soziales Handeln in einer Gruppe und Stärkung der Persönlichkeit (Selbstreflexion und Fremdwahrnehmung) sind wesentliche Aspekte, die im Darstellenden Spiel zur Entfaltung kommen sollen. Dabei stattet Darstellendes Spiel die Schülerinnen und Schüler mit Fertigkeiten und Kenntnissen bezüglich der Bedingungen und Möglichkeiten der Bühnenkunst aus und bindet vielfältige Formen historischer und gegenwärtiger Theaterpraxis mit ein. Gesichert wird so ein klares Bewusstsein von den Schwierigkeiten und Anforderungen der Theaterarbeit, eine Verständigung über ihre Grundelemente und die entsprechenden Begriffe.
Durch Zusammenführungen von künstlerischen und fachwissenschaftlichen Arbeitsweisen mit hohem Anteil spielpraktischer Tätigkeit leistet Darstellendes Spiel damit einen besonderen Beitrag zur ästhetischen Erziehung.
…von Kompetenzen und Qualifikationen…
Mit der Teilnahme am Fach Darstellendes Spiel erhalten junge Menschen die Gelegenheit, Kompetenzen und Qualifikationen zu erwerben, die sie in der modernen Lebens- und Arbeitswelt benötigen und die ihnen kein anderes Fach so komprimiert vermitteln kann als die Theaterarbeit.
Vier wesentliche Kompetenzbereiche prägen dabei die Unterrichtsgestaltung, die sich im Laufe der Kurshalbjahre unter der jeweiligen inhaltlichen Ausrichtung immer mehr vertiefen, festigen und zum Ziel haben, die theatrale Wahrnehmungs-, Handlungs- und Reflexionsfähigkeit der Schülerinnen und Schülern zu stärken:
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Theaterkenntnisse erschließen
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Theater gestalten
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Theater reflektieren
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An Theater teilhaben
Im Einzelnen könnte man diese Qualifikationen etwa folgendermaßen benennen:
Da Theaterspielen vom einzelnen Mitwirkenden Gemeinschaftsarbeit bis zu einem Ergebnis verlangt, werden hier unter anderem gefördert:
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Leistungs- und Verantwortungsbereitschaft
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Teamarbeit und Kooperationsbereitschaft
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Bereitschaft, auf Projekte hinzuarbeiten, und zwar so lange, bis eine Lösung gefunden ist, die plausibel und tragfähig erscheint
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Kompromisse zu schließen in Sinne einer Auswahl der besten Möglichkeiten
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Ambiguitätstoleranz
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durch Selbstreflexion Stärkung des Selbstbewusstseins
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Beharrlichkeit, Willenstraining
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kreatives Handeln
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Kenntnis und Gebrauch von körpersprachlichen Ausdrucksmitteln
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Wahrnehmen und Herstellen von Rollen und Rollenvielfalt
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schnelles Erfassen von Situationen und angemessenes Reagieren in Gespräch und Handeln
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Kenntnis ästhetischer Strukturen und Gebrauch ihrer Formen
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durch die Suche nach einer Übersetzung in Bilder differenziertes Verständnis von Literatur, von Wirklichkeit insgesamt: selbst erlebter, gesellschaftlicher, politischer, wissenschaftlicher, kultureller Art
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aus der eigenen Erprobung der kulturellen Praxis einen kritischen Blick für Medien gewinnen.
Darstellendes Spiel ist zudem in der Lage, Mittel bereitzustellen, die allen Unterrichtsfächern dienen, in denen Gegenstände sinnlich begreifbar gemacht werden sollen.
Zudem sind diese Kompetenzen, wie sie das Darstellende Spiel vermittelt, auch von hohem Interesse für Wirtschaft und Industrie von der Lehrlingsausbildung bis zum Management.
…vom Unterricht…
Darstellendes Spiel ist weitegehend praxisorientiert und schafft damit einen guten Ausgleich zum Schulalltag.
Das Kerncurriculum ist so angelegt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Faches einen Einblick in alle Gebiete des Phänomens Theater erhalten sollen, und dass sie dabei individuell gefördert, sozial gefordert, kommunikativ qualifiziert und ästhetisch gebildet werden.
Der Unterricht im Fach Darstellendes Spiel eröffnet den Schülerinnen und Schüler Rahmenbedingungen zur Entfaltung von Kreativität, zur Ausbildung von Spontaneität, zum Training des Körpers und der Stimme usw. und zur Reflexion des eigenen Tuns.
Durch das Einbinden von Hintergrundwissen bezüglich der Bedingungen und Möglichkeiten der Bühnenkunst in Geschichte und Gegenwart wird das Verständnis von Theater ergänzt, verstärkt und gefördert.
Ein größeres Spielprojekt (i.d.R. in der Q1/2, mit Aufführungen vor Publikum) wird mit einer Fülle von Hintergrundwissen angereichert, Wissen um sich selbst und die anderen, Wissen um Kultur und Tradition.
…von den Inhalten…
Der Unterricht führt von Grund auf in den Gegenstand Theater ein.
Der Schwerpunkt in der Jahrgangsstufe 11 liegt dabei auf Theater- und Schauspielübungen verschiedenster Art, eingebunden in die Erarbeitung eigener Kurzszenen mit abschließenden Präsentationen, für die ein eigenes Dramaturgie- und Regiekonzept erarbeitet und in Proben umgesetzt wurde.
Das Kerncurriculum Darstellendes Spiel für die gymnasiale Oberstufe sieht folgenden thematische Schwerpunktsetzung in den Kurshalbjahren vor:
E1 Grundlagen des Theaterspiels
Was ist eigentlich Theater? | Zeichensystem | Körper | Raum | Zeit | Rhythmus | Tempo | Improvisation
E2 Figurenentwicklung
Spieler – Rolle – Figur | Sprache & Sprechen | Figureninteraktion | Requisiten | Szenisches Arbeiten mit Spannungsbögen
Q1 Theatrale Konzeption
Bau- und Erscheinungsformen des Theaters | Gestaltungsmittel & Kompositionsmethoden | Von der Inszenierungsidee zum ästhetischen Konzept | Raumkonzept | Material explorieren und bearbeiten
Q2 Szenenarbeit und Inszenierung
Dramaturgie des Stückes, der Szene | Szenenarbeit | Probenprozesse | Rollen- und Schauspielstile | Aufführung und Wirkung
Q3 Dramaturgie im Umgang mit Texten
Dramaturgie des Textes | Merkmale postdramatischen und dramatischen Theaters | Theater unbd Gegenwart | Text und Inszenierungstext | Schauspieltheorien
Q4 Rezeption und Analyse
Aufführungsanalyse | Theaterkritik | Rezeptionshaltungen und -prozesse | Theater als Institution | Theatrale Schnittstellen
Link zum DS Kerncurriculum online:
https://kultusministerium.hessen.de/schulsystem/bildungsstandards-kerncurricula-und-lehrplaene/kerncurricula/gymnasiale-oberstufe-1
Download-Link DS Kerncurriculum:
https://kultusministerium.hessen.de/sites/default/files/media/kcgo-ds.pdf
Methodisch steht für alle Kurshalbjahre die praktische Arbeit im Mittelpunkt, die durch Rezeption ausgewählter wissenschaftlicher Literatur fundiert wird.
…von der Bewertung…
Die Bewertung orientiert sich an
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einer Klausur pro Halbjahr;
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zusätzlichen Referaten und/oder „Spielpraktischen Prüfungen";
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der mündlichen Mitarbeit, d.h. dem „sich einlassen" auf die Gruppe und die Aufgabenstellung praktischer Theaterübungen
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und der Anwendung von und der Verfügung über die erarbeiteten Techniken und Zeichen theatraler Kommunikation.
Jede Schülerin / jeder Schüler muss sich praktisch spielerisch am Unterricht, bzw. den Spielprojekten (i.d.R. in der Q2) beteiligen, eine Rolle erarbeiten und bei den Aufführungen mitspielen.
Die Kriterien der Beurteilung orientieren sich
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am Unterrichtsverlauf und -inhalten,
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dem Projekt und
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der Gruppenkonstellation.
Während der Durchführung des Unterrichts gilt es, diese Kriterien ständig transparent und plausibel zu machen, so dass
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Eigeneinschätzung,
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Fremdeinschätzung durch die Gruppe und
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die Beurteilung des Lehrenden
eine sich ergänzende Notenfindung ermöglichen.
…vom DS-Abitur an der Herderschule…
In dem Fach Darstellendes Spiel können die Schülerinnen und Schüler ihre Abiturprüfungen im Rahmen des 4. oder 5. Abiturprüfungsfaches als Gestaltungsaufgabe mit Reflexionsaufgabe, als Präsentationsprüfung oder als besondere Lernleistung absolvieren.
…von den Hinweisen, die bei der Einwahl zu DS bedacht und berücksichtigt werden sollten…
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Die Einwahl in den Kurs Darstellendes Spiel setzt nicht den Besuch einer Theater-AG oder eines Wahlpflichtkurses Darstellendes Spiel in der Sekundarstufe I voraus. Für die Arbeit in der Oberstufe kann es aber sehr hilfreich sein, wenn das Fach bereits in den Jahrgangsstufen 9 und 10 belegt wurde (z.B. WPU) oder Kenntnisse und Fähigkeiten in anderen Zusammenhängen erworben wurden, z.B. in einer Theater-AG oder außerschulischen Gruppen oder Institutionen.
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Schülerinnen und Schüler, die Darstellendes Spiel als Fach wählen wollen, sollten generell Interesse an körperlicher Bewegung, am Theater und an gemeinsamer Arbeit in der Gruppe haben.
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In der Einführungsphase (E1/2) werden Themenbereiche erarbeitet und grundlegende Voraussetzungen für eine erfolgreiche Mitarbeit in der Qualifizierungsphase (Q1-4) geschaffen. Ein Ersteinstieg in das Fach DS ab der Jahrgangsstufe 12 (Q1) ist nicht zu empfehlen. Meist fehlen dann die nötigen Grundlagen für eine gelingende Mitarbeit.
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Eine Abiturprüfung im Fach Darstellendes Spiel ist nur möglich, wenn das Fach in der gesamten Oberstufenzeit durchgehend belegt wurde (E1-Q4).
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Zum Unterricht gehören auch regelmäßige Theaterbesuche (z.T. abends) professioneller Aufführungen. (Hier können geringe Kosten, z.B. Jugendtheaterring-ABO des Staatstheaters Kassel auf die Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer zukommen.)
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Der Projektcharakter des Unterrichts macht es zuweilen notwendig, zusätzliche Probentermine zu organisieren. Besonders vor spielpraktischen Prüfungen oder Aufführungen sind meist umfangreichere Zeitblöcke (je nach dem Fortschritt der Probenarbeit) zu organisieren. (Zusatzprobentage sind auch an Wochenenden möglich!)
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Eine Teilnahme an der Theater-AG der Herderschule wäre eine persönliche aber auch schulische Bereicherung!
…und nun:
„Bühne dunkel!
Vorhang!
Licht!“
…von Profis über das Theaterspielen…
„Die komplexen Anforderungen, die Theaterspielen/das Darstellende Spiel an die Wahrnehmungs- und Gestaltungsfähigkeit der Akteure richtet, lassen sich nicht intuitiv „erfühlen“. Die im theatralen Produktionsprozess notwendige Fähigkeit zur Selbstwahrnehrnung und Selbstreflexion setzt vielmehr ein hohes Maß an Selbstdistanz und Differenzierungsfähigkeit voraus und ermöglicht gleichzeitig einen Einblick in die Funktionsweise des Wahrnehmungsprozesses. Die Notwendigkeit zum bewussten Umgehen mit der eigenen Aufmerksamkeit und mit dem eigenen Körper fordert die exzentrische Betrachtung des eigenen Selbst. Dieser Blick von außen auf sich selbst kann eventuell den Facettenreichtum möglicher Wahrnehmungen bewusst machen. Er relativiert dann das eigene Empfinden und die eigenen Wahrnehmungen vor dem Hintergrund möglicher Fremdwahrnehmung aus anderen Positionen. Die ästhetisch bildende Wirkung des Theaterspielens kann hier gleichzeitig aisthetische1 Bildung werden, über den Zusammenhang der theaterpädagogischen Arbeit hinausweisen und stellt einen Transfer auch anderer gesellschaftliche Praxen in Aussicht.“
Dr. Ulrike Hentschel: Schulische Theaterpädagogik als ästhetische Bildung (Referats-Auszug), UdK Berlin
…von Schülerinnen und Schülern über das Fach Darstellendes Spiel…
„Plötzlich beschäftigst du dich mit Dingen oder Bewegungen aus deinem alltäglichen Leben, die du sonst automatisiert hast und unbewusst vollziehst. Hast du dich schon einmal beim Eincremen oder Zähneputzen gefragt, was du da eigentlich machst und vor allen Dingen wie du es machst? Nein? Dann wirst du hier viel über dich, deinen Körper, deine Mimik, Gestik und noch vieles andere kennen lernen…“
„Das Fach ist anders als die üblichen Fächer.“
„DS hebt sich deutlich vom ‚normalen‘ Schulalltag ab.“
„DS ist spannender und lustiger als jemals erwartet.“
„In diesem Fach stehen du selbst und deine Mitspieler im Mittelpunkt.“
„Das Spiel in der Gruppe ist besonders wichtig und erfordert viel Kooperations- und Teamgeist. Es ist immer spannend und man sammelt von Stunde zu Stunde neue Erfahrungen.“
„Wir lernen unseren Körper kennen, bewusster einzusetzen und unseren Fähigkeiten zu vertrauen und sie auszubauen.“
„Hier haben wir die Möglichkeit, unsere Kreativität zu entdecken und auch zu fördern.“
„Man kann bei DS aus sich herauskommen und unheimlich viele neue Erfahrungen machen.“
„Oft wurde ich auch an Grenzen geführt, aber es war toll, sie dann auch zu überwinden.“
„Mit der Zeit wird man immer sicherer, sich vor anderen zu präsentieren. Dadurch bekommt man auch viel mehr Selbstvertrauen.“
„Der Praxisanteil in DS überwiegt und dies ist immer wie ein Überraschungsei: Spannung, Spiel und Spaß.“
„Die DS-Theorie ist immer an die Praxis gekoppelt und wird sofort verständlich, das ist wunderbar.“
„Im Mittelpunkt steht nicht so sehr die Theorie, sondern das Agieren, das Aktiv-sein. Alles, was wir gemeinsam ausprobieren wird in gemeinsamen Gesprächen vertieft und reflektiert. Unser Tun wird uns somit auch immer bewusst.“
„DS macht einfach viel Spaß. Wow! Lernen mit Spaß! – Dieses Fach ist eine angenehme Abwechslung und ein toller Ausgleich zum sonstigen Schulalltag.“
„Trotzdem müssen Leistungen erbracht und auch Klausuren geschrieben werden.“
„Erst dachte ich, dass man in diesem Fach überhaupt nicht bewerten kann. Und doch! Das wirklich Neue für mich war, dass die Kriterien der Beurteilung immer aus dem Unterricht ersichtlich erwachsen und sogar von uns gemeinsam festgelegt werden. Neu ist für mich dabei, dass ich nicht nur alleinig vom Lehrer beurteilt werde, sondern auch meine eigene Person (Eigenwahrnehmung) und die Gruppe (Fremdwahrnehmung) immer an der Zensurenfindung beteiligt sind. Und das Erstaunliche: es funktioniert!“
„Auch die DS-Klausuren heben sich deutlich von anderen Klausuren ab – (wie auch der Unterricht). Es wird vielmehr Kreativität gefordert, doch immer nur anhand der im Unterricht theoretisch erarbeiteten und praktischen erprobten Faktoren und Kriterien.“
„Einige, die das Fach nicht kennen, sagen, dass wir „komisch“ und manchmal „verrückt“ wären.“
„DS ist ein Fach, in dem man regelmäßig aus der Puste kommt (meines Erachtens noch mehr als im Sportunterricht), was aus meiner Sicht eine tolle positive Abwechslung zum üblichen Schulalltag ist, wo meistens nur gesessen wird.“
„Es ist ein Fach, aus dem ich für mich sehr viel mitnehme. – Ihr müsst DS einfach ausprobieren. Jeder der Spaß an Theater und am Theaterspiel hat, und dass ganze auch ein wenig theoretisch untermauern möchte, sollte dieses Fach wählen. Glaubt mir, ihr werdet es nicht bereuen!“