Darstellendes Spiel

Seit dem Schuljahr 2003/04 gibt es an der Herderschule Kassel eine Bereicherung im ästhetischen Bildungsangebot. Neben den bereits existierenden Fächern Kunst und Musik konnte das neue Fach Darstellendes Spiel an der Herderschule Kassel eingerichtet werden.

Mit der Schaffung und der Einrichtung des Faches Darstellendes Spiel zeigt sich die Reaktion auf unsere veränderten gesellschaftlichen Bedingungen: ganzheitliches Lernen, Kreativität, soziales Lernen, Stärkung der Persönlichkeit (Selbstreflexion und Fremdwahrnehmung) seien hier nur als wesentliche Lernmöglichkeiten erwähnt. Alles wesentliche Aspekte, die im Darstellenden Spiel und unserem Schulprogramm zur Entfaltung kommen sollen.

Darstellendes Spiel ist als Unterrichtsfach eine zeitgemäße Ergänzung des bestehenden Fächerangebotes der allgemeinbildenden Schulen in Hessen.
So wie die Schule mit den Fächern Ethik und Informatik auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert hat, so ist auch eine Reaktion auf die Bedingungen nötig, unter denen Kinder und Jugendliche heute in die Gesellschaft hineinwachsen und lernen. Kreatives Lernen und eine produktive Einstellung zur Realität sind bedeutsame Bildungsziele in einer Lebenswelt, die durch Bildmedien und elektronische Apparate als fremdbestimmt und der persönlichen Einflussnahme entzogen erlebt wird.

Hierauf reagiert das Fach Darstellendes Spiel, indem spielerisch entfaltete Kreativität, bewusste körperliche Aktivität, sinnliches Erleben und verbindliches soziales Handeln in einer Gruppe nicht nur in jedem Fach mehr Gewicht erhalten, sondern ihren besonderen Bereich im Fach Darstellendes Spiel erfahren.

Darstellendes Spiel als Unterrichtsfach in der gymnasialen Oberstufe erfüllt fachbezogen den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule gemäß Hessischem Schulgesetzt und leistet unter besonderer Berücksichtigung der entsprechenden Beschlüsse der Kultusministerkonferenz über die Gleichwertigkeit der Fächer in der gymnasialen Oberstufe seinen Beitrag zu den Zielen selbständiges Lernen, des wissenschaftspropädeutischen Arbeitens und der Persönlichkeitsbildung. (…)
Darstellendes Spiel im Fächerkanon der gymnasialen Oberstufe bezieht sich auf die vielfältigen Formen historischer und gegenwärtiger Theaterpraxis.

Unmittelbar akademische Bezugsdisziplinen sind einerseits die Theaterpädagogik, andererseits die Theaterwissenschaft, hier besonders auch die Theatersemiotik. Weitere Referenzdisziplinen sind durch die Fächer Deutsch, Kunst, Musik und Sport repräsentiert.

Durch Zusammenführung von künstlerischen und fachwissenschaftlichen Arbeitsweisen mit hohem Anteil spielpraktischer Tätigkeit sowie interdisziplinärer Zusammenarbeit leistet Darstellendes Spiel seinen besonderen Beitrag zur ästhetischen Erziehung. (…)

Es ist als Fach dem ersten Aufgabenfeld der gymnasialen Oberstufe zuzuordnen und ergänzt Kunst und Musik im Bereich ästhetischer Bildung. (…)
Der Unterricht im Fach Darstellendes Spiel eröffnet den Schülerinnen und Schülern Rahmenbedingungen zur Entfaltung von Kreativität. Sie stattet die Schülerinnen und Schüler mit Fertigkeiten und Kenntnissen bezüglich der Bedingungen und Möglichkeiten der Bühnenkunst aus, sodass bei der Wahl und Durchführung konkreter Unterrichtsprojekte selbständige Entscheidungsprozesse begünstigt werden.

Gesichert wird so auch ein klares Bewusstsein von den Schwierigkeiten und Anforderungen der Theaterarbeit, eine Verständigung über ihre Grundelemente und die entsprechenden Begriffe.“

Der Unterricht

Der Unterricht ist praxisorientiert und schafft damit einen guten Ausgleich zum Schulalltag. Die zwei (JG 11) bzw. drei Wochenstunden (JG 12 & 13) sind so gegliedert, dass meist in der Einzelstunde Theorie und in der Doppelstunde Praxis angesiedelt ist.

Die Lehrpläne sind so angelegt, dass die Teilnehmer des Faches einen Einblick in alle Gebiete des Phänomens Theater erhalten sollen, und dass sie dabei individuell gefördert, sozial gefordert, kommunikativ qualifiziert und ästhetisch gebildet werden.

Kurz gesagt: Die Aufführung/das Projekt ist zwar ein wichtiger Teil des Kurses, aber sie/es wird mit einer Fülle von Hintergrundwissen angereichert, Wissen um sich selbst und die anderen, Wissen um Kultur und Tradition.

D. h. nicht, dass das Fach reine Theorie ist, sondern überwiegend praxisorientiert mit Ausbildung von Spontaneität und Förderung von Kreativität, das Training des Körpers und der Stimme usw. …aber immer so, dass die Reflexion und das Hintergrundwissen ebenso dazu gehören, all dies ergänzen, verstärken.

Inhalte

In der Qualifikationsphase soll mindestens ein größeres Projekt durchgeführt werden, das eine dramatische literarische Vorlage hat. Weitere Projekte können Bearbeitun-gen von Prosatexten oder Eigenproduktionen sein.
Der Unterricht in der Jahrgangsstufe 12 geht von Grund auf den Gegenstand „Theater“ ein und baut dann in den drei Lernbereichen

  1. Schauspielerische Arbeit
  2. Dramaturgie & Regie
  3. Theatertheorie & -geschichte

von Projekt zu Projekt auf.

Der Unterricht

  • beginnt mit Theaterübungen verschiedenster Art,
  • setzt sich mit einer im Kurs gemeinsam getroffenen Entscheidung über das ausgewählte Stück oder der Erarbeitung eigener Szenen fort und
  • endet jeweils mit einer Präsentation/Aufführung, nachdem ein eigenes Dramaturgie- und Regiekonzept erarbeitet und in Proben umgesetzt wurde.

Falls aufgrund der Personalsituation an der Herderschule der Kurs in der 13 (2005/06) nicht fortgeführt werden kann, werden schon in der laufenden Kursarbeit ansatzweise Aspekte der

  1. Improvisation & Rollenarbeit (13/I) und
  2. Dramaturgie & Inszenierung (13/II)

eingebunden!

Klientel

In DS ist eher gerade der Schüler Adressat, der an ästhetischen Prozessen bisher weniger interessiert war. Er kann in DS durch gute sachliche und ihn fördernde Arbeit oftmals mehr lernen, als ein Schüler, der Theaterspielen nur für seinen „Glanz“ betreiben möchte.

Voraussetzungen

Darstellendes Spiel setzt nicht den Besuch einer Theater-AG oder eines Wahlpflichtkurses Darstellendes Spiel in der Sekundarstufe I voraus. Dies kann aber von Vorteil sein!

Schüler, die DS als Fach wählen wollen, sollten Interesse an

  • körperlicher Bewegung,
  • am Theater und
  • an gemeinsamer Arbeit in der Gruppe haben.

Die Anforderungen im theoretischen Bereich wachsen von Kurs zu Kurs.

Bewertung

Es wird mindestens eine Klausur geschrieben. Die erforderliche zweite Klausur kann z.T. durch Referate im Rahmen der Projekte oder sog. „Spielpraktische Prüfungen“ ersetzt werden.

Die Bewertung orientiert sich

  • an der mündlichen Mitarbeit, d.h. dem „sich einlassen“ auf die Gruppe und die Aufgabenstellung praktischer Theaterübungen,
  • der Anwendung von und Verfügung über die erarbeiteten Techniken und Zeichen theatraler Kommunikation.

Jeder Schüler muss sich praktisch spielerisch am Unterricht, bzw. den Projekten beteiligen, eine Rolle erarbeiten und bei den Aufführungen mitspielen.
Die Projekte werden in Klausuren konzeptuell vorbereitet und auch theoretisch analysiert und reflektiert.

Die Kriterien der Beurteilung orientieren sich

  • am Unterrichtsverlauf und -inhalten,
  • dem Projekt und
  • der Gruppenkonstellation.

Während der Durchführung des Unterrichts gilt es, diese Kriterien ständig transparent und plausibel zu machen, so dass

  • Eigeneinschätzung,
  • Fremdeinschätzung durch die Gruppe und
  • die Beurteilung des Lehrenden

eine sich ergänzende Notenfindung ermöglichen.

Zusätzliches Engagement

Vor den Aufführungen sind in der Regel zusätzliche Probetage nötig, evtl. ergänzt durch eine Intensivphase (d.h. mehrtägige Probefahrt).
Zum Unterricht gehören neben zusätzlichen Proben auch regelmäßige Theaterbesuche (z.T. abends) professioneller Aufführungen.

Einige SchülerInnen-Statements aus dem 12er DS-Kurs

  • „Das Fach ist anders als die üblichen Fächer.“

  • „DS hebt sich deutlich vom „normalen“ Schulalltag ab.“

  • „DS ist spannender und lustiger als jemals erwartet.“

  • „In diesem Fach stehen du selbst und deine Mitspieler im Mittelpunkt.“

  • „Das Spiel in der Gruppe ist besonders wichtig und erfordert viel Kooperations- und Teamgeist Es ist immer spannend und man sammelt von Stunde zu Stunde neue Erfahrungen.

  • „Wir lernen unseren Körper kennen, bewusster einzusetzen und unseren Fähigkeiten zu vertrauen und sie auszubauen.“

  • „Plötzlich beschäftigst du dich mit Dingen oder Bewegungen aus deinem alltäglichen Leben, die du sonst automatisiert hast und unbewusst vollziehst. Hast du dich schon einmal beim Eincremen oder Zähneputzen gefragt, was du da eigentlich machst und vor allen Dingen wie du es machst? Nein? Dann wirst du hier viel über dich, deinen Körper, deine Mimik, Gestik und noch vieles andere kennen lernen?“

  • „Hier haben wir die Möglichkeit, unsere Kreativität zu entdecken und auch zu fördern.“

  • „Man kann bei DS aus sich herauskommen und unheimlich viele neue Erfahrungen machen.“

  • „Oft wurde ich auch an Grenzen geführt, aber es war toll, sie dann auch zu überwinden.“

  • „Mit der Zeit wird man immer sicherer, sich vor anderen zu präsentieren. Dadurch bekommt man auch viel mehr Selbstvertrauen.“

  • „Der Praxisanteil in DS überwiegt und dies ist immer wie ein Überraschungsei: Spannung, Spiel und Spaß.“

  • „Die DS-Theorie ist immer an die Praxis gekoppelt und wird sofort verständlich, das ist wunderbar.“

  • „Im Mittelpunkt steht nicht so sehr die Theorie, sondern das Agieren, das Aktiv-sein. Alles, was wir gemeinsam ausprobieren wird in gemeinsamen Gesprächen vertieft und reflektiert. Unser Tun wird uns somit auch immer bewusst.“

  • „DS macht einfach viel Spaß. Wow! Lernen mit Spaß! Dieses Fach ist eine angenehme Abwechslung und ein toller Ausgleich zum sonstigen Schulalltag.“

  • „Trotzdem müssen Leistungen erbracht und auch Klausuren geschrieben werden.“

  • „Erst dachte ich, dass man in diesem Fach überhaupt nicht bewerten kann. Und doch! Das wirklich Neue für mich war, dass die Kriterien der Beurteilung immer aus dem Unterricht ersichtlich erwachsen und sogar von uns gemeinsam festgelegt werden. Neu ist für mich dabei, dass ich nicht nur alleinig vom Lehrer beurteilt werde, sondern auch meine eigene Person (Eigenwahrnehmung) und die Gruppe (Fremdwahrnehmung) immer an der Zensurenfindung beteiligt sind. Und das Erstaunliche: es funktioniert!“

  • „Auch die DS-Klausuren heben sich deutlich von anderen Klausuren ab (wie auch der Unterricht). Es wird vielmehr Kreativität gefordert, doch immer nur anhand der im Unterricht theoretisch erarbeiteten und praktischen erprobten Faktoren und Kriterien.“

  • „Einige, die das Fach nicht kennen, sagen, dass wir „komisch“ und manchmal „verrückt“ wären.“

  • „DS ist ein Fach, in dem man regelmäßig aus der Puste kommt (meines Erachtens noch mehr als im Sportunterricht), was aus meiner Sicht eine tolle positive Abwechslung zum üblichen Schulalltag ist, wo meistens nur gesessen wird.“